Montag, April 17, 2006

Die Geburtstagsüberraschung

Wir wussten immer, dass unser Duncan etwas besonderes war. Endgültige Bestätigung bekamen wir dann als er 4 war. Bis dahin hatte er noch kein Wort gesagt. Wir gingen natürlich mit ihm zu einem Arzt um zu schauen ob er taub oder gar stumm war, doch der Doktor konnte beides nicht bestätigen. Also gingen wir zu einem anderen Arzt und als dieser die selbe Diagnose stellte, zum nächsten. Und immer wieder kam der selbe Satz: "Einige Kinder sind halt anders - etwas besonderes." Natürlich wussten wir, was damit gemeint war und leider mussten wir zustimmen, dass es nicht nur im Bereich des Möglichen lag, sondern auch einige Anzeichen dafür sprachen. Und so brachten wir ihn in einen speziellen Kindergarten und weinten jede Nacht.
An seinem 4. Geburtstag waren alle Kinder seiner Kindergartengruppe zu besuch und spielten. Zwar spielten sie nicht alle zusammen und einige auch nicht ganz in unseren Sphären, aber sie spielten. Alle, bis auf unseren Duncan und Francis. Duncan lag in der Mitte des Wohnzimmers, mit geschlossenen Augen, seine verschränkten Arme als Kissen nutzend. Francis hatte seinen Kopf auf Duncans Bauch gebettet und schien wie Duncan ebenfalls zu schlafen oder sich grad an Orten zu befinden, die wir uns nicht einmal vorstellen konnten. Sie hingen immer zusammen und sie wurden sich immer ähnlicher. Eigentlich konnte Francis reden, aber als er damals in die Gruppe kam, hörte er auf. Er kam 2 Wochen nach Duncan in die Gruppe und das Letzte , dass er sagte war: "aaaaahhh". Mit diesem verbalen Gefühlsausdruck auf den Lippen rannte er zu Duncan, setzte sich neben ihn und sprach von da an nicht mehr, gab auch keinen Laut mehr von sich. An Duncans Geburtstag lagen die beiden also wieder beisammen und machten, was auch immer sie machten. Vielleicht dachten sie, vielleicht schliefen sie, vielleicht dachten sie einfach nicht und begnügten sich damit zu existieren. Auf jeden Fall lagen sie da in der Mitte, die Kinder um sie herum spielten und auf einmal hörten sie auf. Alle Kinder hörten gleichzeitig zu spielen auf. Es war eine Stille, als ob sich das Universum genauso erschreckt hatte, wie die Eltern der Kinder, die mit uns am Tisch saßen und Kuchen aßen. Das einzige Geräusch waren das von 12 sich umdrehenden, stummen Köpfen, die allesamt zu Duncan und Francis starrten. In dem Moment öffneten Francis und Duncan die Augen, standen auf und sagten:

Duncan: Wir
Francis: sind
Duncan: nach
Francis: reichlicher
Duncan: Überlegung
Francis: zu
Duncan: dem
Francis: Ergebnis
Duncan: gekommen,
Francis: dass
Duncan: Einstein
Francis: viel
Duncan: zu
Francis: sehr
Duncan: überbewertet
Francis: wird.

Danach gingen sie in die Küche und dort zu dem Schrank in dessen oberen Fächern wir Kekse aufbewahren, mit der Hoffnung Duncan würde sich irgendwann mal entscheiden einen zu essen. Duncan faltete seine Hände zu einer Räuberleiter, die Francis auch gleich erklomm um auf unsere Küchenarbeitsfläche zu steigen. Als er sie erstiegen hatte, zog er Duncan nach oben und ich wollte loslaufen um meinen Sohn von eventuellen Verletzungen zu bewahren, aber mein Körper war wie betäubt. Scheinbar ging es meinem Mann und den Eltern Francis' nicht anders, denn keiner von uns griff ein. Unser Duncan gab Francis erst Hilfestellung in Form einer weiteren Räuberleiter, dann stieg Francis ihm auf die Schultern um so den Keksschrank zu erreichen. Dies machte er mit einer solchen Leichtfüssigkeit, dass seine Mutter bei dem Anblick ihres, auf den Schultern unseres Duncan balancierenden, Sohnes die Gesichtszüge zu entgleisen schienen und sie alle paar Sekunden erschrocken japste. Doch Francis stürzte nicht, sondern nahm die Keksdose aus dem Schrank und kletterte wieder hinunter zu Duncan, dem das Tragen seinen Freundes scheinbar überhaupt nichts ausgemacht hatte und keineswegs erschöpft wirkte. Sie setzten sich auf die Arbeitsfläche und legte die Dose auf ihre Schöße, sie lag so in der Mitte, dass sie auf beiden Schößen lag. Dann öffnete Duncan sie und entnahm einen Keks, den er auch sofort in der Mitte zerbrach und eine Hälfte Francis reichte. Zusammen saßen die beiden dort in der Küche auf der Arbeitsfläche, aßen den Keks und grinsten zufrieden, während die anderen Kinder noch immer zu dem Platz schauten, auf dem Duncan und Francis vor ein paar Minuten noch lagen.

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